Unter Abd-Ar-Rahman III. (912-961)
erreichten arabische Kunst und Wissenschaft in auf der
iberischen Halbinsel ihre höchste Blüte. Bevölkerungsreiche
Städte schmückten das Land; das Gebiet des
Guadalquivir soll allein 12.000 bewohnte Orte gezählt
haben. Cordoba hatte 113.000 Häuser, 600 Moscheen,
darunter die prachtvolle Hauptmoschee, und herrliche
Paläste, darunter den Alkazar. Mit Cordoba wetteiferten
andere Städte wie Granada mit der Alhambra, Sevilla
und Toledo. In gleichem Sinn wie Abd-Ar-Rahman III. regierte
sein als Dichter und Gelehrter ausgezeichneter Sohn Hakem
II. (961-976), wogegen unter dem schwachen Hischam II.
(976-1013) das Kalifat zu sinken begann.
Das Kalifat erreichte seinen Höhepunkt unter Muhammed
Ibn Abi Amir (auch Almansor, d.h. der Siegreiche), einem
Statthalter Hischams II., um das Jahr 1000, der Barcelona
(985) und andere christliche Städte plünderte.
Nach Almansors Tod stürzte das Kalifat in einen
Bürgerkrieg und zerfiel in mehr als zwanzig Emirate,
die so genannten „Taifa-Königreiche“.
Diese Königreiche verloren Land an die christlichen
Königreiche im Norden und, nach dem Verlust von
Toledo im Jahr 1085, brachen die Almorawiden von Nordafrika
ein und errichteten ein neues Reich. Im 12. Jahrhundert
brach das Königreich der Amorawiden ebenfalls auseinander,
nur um durch eine almohadische Invasion 1147 übernommen
zu werden. Nach der entscheidenden Schlacht von Las Navas
de Tolosa (16. Juli 1212), blieb nur noch das Königreich
von Granada bis 1492 über.
Al-Andalus bleibt als Beispiel höchster arabischer
Kultur und Wissenschaft im kollektiven Gedächtnis
der Araber noch heute erhalten. Es war geprägt von
einem Klima der Toleranz zwischen den herrschenden Muslimen
und den großen christlichen und jüdischen
Gemeinden.
Reconquista: 8. bis 15. Jahrhundert Die Vertreibung
der Muslime begann unter dem ersten König des
Königreichs von Asturien, Pelayo (718-737), der
den Kampf gegen die Mauren in den Bergen von Covadonga
aufnahm. Später führten seine Söhne
und Nachkommen dieses Werk fort, bis alle Muslime vertrieben
waren. Währenddessen errichteten die fränkischen
Herrscher im Osten der Halbinsel, jenseits der Pyrenäen,
im heutigen Katalonien, die Spanische Mark und eroberten
785 Girona und 801 Barcelona.
Der Gedanke, die Reconquista als einzelnen Prozess zu
begreifen, der acht Jahrhunderte überspannte, ist
historisch unkorrekt. Die christlichen Reiche im Norden
Spaniens kämpften genauso gegeneinander als auch
gegen die Muslime. Der spanische Volksheld des 11. Jahrhunderts,
El Cid, wurde von König Alfons VI. verbannt und
fand Zuflucht beim muslimischen König von Saragossa.
Die Idee der Wiedereroberung durch einen Kreuzzug und
das Bedürfnis religiöser Reinheit in Spanien
ist vermutlich durch die „katholischen Monarchen“ Isabella
I. von Kastilien und Ferdinand von Aragón eingeführt
worden, um ihre Eroberung von Granada, die Ausweisung
der Juden, von denen 160.000 zu dieser Zeit in Spanien
lebten, und die gewaltsame Bekehrung der Mauren zu rechtfertigen.
Im 15. Jahrhundert vereinigten sich die Königreiche
von Kastilien und Aragón und alle Muslime wurden
von der iberischen Halbinsel vertrieben. Aragón
war zu dieser Zeit schon länger eine wichtige Seemacht
im Mittelmeer und Kastilien stand in Konkurrenz mit Portugal
um die Vorherrschaft im Atlantischen Ozean. Nach der
Eroberung der letzten maurischen Festung bei Granada
am 2. Januar 1492 begann Spanien, Missionen zur Erforschung
der Weltmeere zu finanzieren. Die von Christoph Columbus
brachte eine Neue Welt in den Blickwinkel europäischer
Aufmerksamkeit. Es folgten Conquistadores, Eroberer,
die die einheimischen Reiche in Mittelamerika und die
der Inka unter spanische Herrschaft brachten.
Spanien unter den Franzosen Der erste Bourbonenkönig
französischer Herkunft, Philipp V. (1700-1746),
obwohl selbst von keiner großen Bedeutung, brachte
doch aus seiner Heimat ein ganz anderes Regierungssystem
und neue Kräfte in das zerrüttete Staatswesen.
Die Fremden, Franzosen und Italiener, welche Philipp
an die Spitze der Behörden und des Heers stellte,
und unter denen Alberoni hervorragte, führten nun,
wenn auch in etwas gewaltsamer Weise und in nur beschränktem
Umfang, die Grundsätze der französischen Staatsverwaltung
durch: alle die einheitliche Staatsgewalt hemmenden Missbräuche
wurden beseitigt, Handel und Gewerbe, Wissenschaft und
Kunst gefördert, die Privilegien der Provinzen aufgehoben,
eine einheitliche Besteuerung und Steuererhebung eingerichtet
(Decreto de Nueva Planta 1515).
Die wohltätigen Folgen einer zwar unumschränkten,
aber tätigen und verständigen Königsmacht
zeigten sich auch überraschend schnell. Aber als
sie auch die Herrschaft der Kirche anfocht und deren
Missbräuche abschaffen wollte, stieß die Regierung
beim Volk auf allgemeinen energischen Widerstand, dem
Philipp V. unter dem Einfluss seiner zweiten Gemahlin,
Elisabeth Farnese, nachgab; die Hierarchie feierte einen
glänzenden Triumph, und die Kurie und die Inquisition
herrschten nach wie vor in Spanien. Die Regierung des
schwächlichen, hypochondrischen Ferdinand VI. (1746-1759)
war segensreich, weil sie sparsam und friedliebend war.
In materieller Beziehung nahm das Land einen bedeutenden
Aufschwung.
Einen bedeutenden Fortschritt aber in der Entwickelung
zum modernen Staat bezeichnete die Regierung Karls III.
(1759-1788), des Stiefbruders Ferdinands VI., der, obwohl
strenggläubig, doch vom damals herrschenden Staatsbewusstsein
erfüllt und Spanien den andern Staaten ebenbürtig
zu machen bestrebt war.
Die 30jährige angestrengteste Tätigkeit der
Regierung, die Verwendung ungeheurer Summen auf Ansiedelungen,
Bergwerke, Fabriken und Straßen, die Freigabe des
Handels mit Amerika brachten daher nur zum Teil Früchte.
Die Bevölkerung war 1788 erst auf 10.270.000 Menschen
wieder angewachsen.
Der zweite unglückliche Krieg gegen England (1780-83),
in den Spanien wieder durch den Familienvertrag verwickelt
wurde, verschlang solche Summen, dass ein verzinslichtes
Papiergeld ausgegeben werden musste. Die unleugbaren
Fortschritte in Volksbildung und Volkswohlfahrt hätten
aber doch bei dem frischen Geist, bei der zugleich patriotischen
und freiheitlichen Bewegung, von denen die Nation durchweht
war, wohl günstige und dauerhafte Ergebnisse zur
Folge gehabt, wenn Spanien eine längere Reformperiode
vergönnt gewesen wäre. Die vielversprechenden
Anfänge gingen aber unter Karls III. Nachfolger
Karl IV. (1788-1808) völlig zu Grunde, und Spanien
wurde durch eine heillose und "verbrecherische" Politik
dem Untergang nahegebracht.
Spanien während der Revolutionszeit Nachdem
Spanien dem Sturz der Bourbonen in Frankreich untätig
zugesehen hatte, wurde es 1793 doch durch die Hinrichtung
Ludwigs XVI. und die Insulten des Konvents veranlasst,
Frankreich den Krieg zu erklären, welcher mit
einer so beispiellosen Unfähigkeit geführt
wurde, dass er trotz der Schwäche der Franzosen
und trotz der Opferwilligkeit der Nation mit einer
feindlichen Invasion in Navarra, den baskischen Provinzen
und Aragon endete.
Die Gunst der Umstände verschaffte Spanien noch
den vorteilhaften Frieden von Basel (22. Juli 1795).
Aber es geriet durch denselben in völlige Abhängigkeit
von Frankreich, welche der leichtfertige Godoy durch
den Vertrag von San Ildefonso (27. Juni 1796) besiegelte.
Im Frieden von Amiens (23. März 1802) musste Spanien
zwar an England bloß Trinidad abtreten, aber seine
Herrschaft in den amerikanischen Kolonien war erschüttert
und seine Finanzen zerrüttet. Der Fehlschlag der
merkantilen und industriellen Revolutionen ließen
das Land als Wirtschafts- und Weltmacht hinter Großbritannien,
Frankreich und Deutschland zurückfallen.
Trotz dieser Zustände stürzte Godoy durch
einen neuen ungünstigen Vertrag mit Frankreich (9.
Oktober 1803) das finanziell erschöpfte Spanien
in einen Krieg mit England, in welchem bei Finisterre
(22. Juli) und bei Trafalgar (20. Oktober 1805) Spaniens
letzte Flotte zu Grunde ging.
Das Volk ließ dies alles geduldig über sich
ergehen und wankte nicht in seiner unbedingten Loyalität,
aber die Entrüstung richtete sich gegen den schamlosen
Günstling Godoy, der in seiner Verblendung sogar
die Hoffnung hegte, Regent von Spanien zu werden oder
sich die Königskrone von Südportugal aufs Haupt
zu setzen.
Als er, um dies letztere zu erreichen, sich mit Frankreich
im Vertrag von Fontainebleau (27. Oktober 1807) zu einem
Kriege gegen Portugal verband und Napoleon französische
Truppen über die Pyrenäen in Spanien einrücken
ließ, kam es 18. März 1808 in Aranjuez zu
einer Erhebung des Volkes gegen Godoy. Derselbe wurde
gestürzt, und unter dem Eindruck der Wut des erbitterten
Volkes ließ sich der König bewegen, am 19.
März zu Gunsten seines Sohnes Ferdinand, der noch
ein Kind war, abzudanken.
Als Ferdinand VII. hielt dieser am 24. März seinen
Einzug in Madrid. Karl IV. nahm aber kurz darauf in einem
Schreiben an Napoléon seine Thronentsagung als
erzwungen zurück. Der französische Kaiser bat
nun die spanische Königsfamilie nach Bayonne, wo
Ferdinand nach längerm Sträuben am 5. Mai auf
die Krone zu Gunsten seines Vaters verzichtete, dieser
aber sofort seine Rechte an Napoléon abtrat. |